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Vorsitzender des Gemeinderats (§ 37)
Den Vorsitz im Gemeinderat führt der Bürgermeister.
Im Verhinderungsfalle, wenn also der Bürgermeister - aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen - nicht in der Lage ist, überhaupt an der Sitzung des Gemeinderates teilzunehmen, führt den Vorsitz im Gemeinderat der Vizebürgermeister, bei mehreren Vizebürgermeistern jener nach der Reihenfolge ihrer Wahl. Sind auch diese verhindert, dann führt in folgender Reihenfolge den Vorsitz:
- das an Jahren jeweils älteste Gemeindevorstandsmitglied jener Wahlpartei, der der Bürgermeister angehört,
- das an Jahren älteste Gemeinderatsmitglied jener Wahlpartei, der der Bürgermeister angehört,
- das an Jahren älteste Gemeinderatsmitglied (ohne Bedachtnahme auf die Zugehörigkeit zu einer Wahlpartei).
Es ist nicht zulässig, dass der Bürgermeister abwechselnd mit dem Vizebürgermeister den Vorsitz führt. Die Bestimmungen über den Vorsitz sind zwingenden Charakters; die unter Verletzung dieser Bestimmungen zustande gekommenen Beschlüsse sind mit Nichtigkeit bedroht und sind von der Aufsichtsbehörde aufzuheben.
Die Bestimmungen über die Vorsitzführung sind so bedeutend, dass der Gesetzgeber den gesamten Beschluß des Gemeinderats, der unter Verletzung dieser Vorschriften zustandegekommen ist, mit Nichtigkeit bedroht. Mit Nichtigkeit bedrohte Beschlüsse des Gemeinderats sind von der Aufsichtsbehörde aufzuheben.
Rechte des Vorsitzenden
Zu den wichtigsten Aufgaben des Vorsitzenden eines Kollegialorganes gehört es, das Ergebnis von Wahlen und Abstimmungen zu verkünden. Mit dem Zeitpunkt der Verkündung des Ergebnisses wird der betreffende Willensakt des Gemeinderates konstituiert.
Ein einmal verkündetes Ergebnis kann nicht mehr nachträglich korrigiert werden, es sei denn, es ist das Abstimmungsergebnis falsch wiedergegeben worden und der Vorsitzende hat diesen Irrtum sofort erkannt und sogleich korrigiert.
Die Rechte im Einzelnen:
- verfahrensleitende Befugnisse:
- Erstellung der Tagesordnung und Einberufung des Gemeinderates
- Eröffnung der Sitzung
- Feststellung der Beschlussfähigkeit
- Leitung der Verhandlung
- Bestimmung der Reihenfolge der Verhandlung der Geschäftsstücke
- Aufruf der zu behandelnden Tagesordnungspunkte
- Entgegennahme von Wortmeldungen
- Erteilung des Wortes
- Anordnung der Abstimmung über Anträge
- Festlegung der Reihenfolge von Abstimmungen über Anträge
- Feststellung des Ergebnisses der Abstimmung
- Unterbrechung der Sitzung
- Schließung der Sitzung
- Unterfertigung der Niederschrift
- sitzungspolizeiliche Befugnisse:
- Handhabung der Sitzungspolizei (nach Maßgabe der Geschäftsordnung)
- Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung
- Entfernung von Ruhestörern
Eröffung der Sitzung des Gemeinderates
Der Vorsitzende eröffnet und schließt die Sitzungen, leitet die Verhandlungen und sorgt für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung
Die "Eröffnung" der Sitzung ist ein rechtsbegründender Akt, der nur dann rechtsgültig ist, wenn die Sitzung vorher ordnungsgemäß einberufen worden ist. Bei der Durchführung der Sitzung ist der Vorsitzende an den Tag und die Stunde der in Aussicht genommenen Sitzung, wie sie in der Einladung zur Gemeinderatssitzung aufscheint, gebunden.
Der Bürgermeister darf die Sitzung nicht zu einem ihm genehmen Zeitpunkt, sondern erst dann schließen, wenn alle Tagesordnungspunkte, insbesondere aber der Tagesordnungspunkt "Allfälliges" behandelt worden ist.
Der Gemeinderat kann die Schließung der Sitzung auch nicht dadurch erzwingen, dass er einen entsprechenden Beschluß faßt (dieser wäre gesetzwidrig und könnte von der Aufsichtsbehörde aufgehoben werden).
Selbst wenn er nach Behandlung einiger Tagesordnungspunkte die Absetzung der restlichen Tagesordnungspunkte beschließt, könnte ein "Schluß der Sitzung" nicht erzwungen werden, wenn nicht vorher der Tagesordnungspunkt "Allfälliges" behandelt worden ist.
Leitung der Verhandlung
Zu den unmittelbar die Verhandlung leitenden Befugnissen (nach Eröffnung der Sitzung und vor Schluss der Sitzung) zählen:
- Die Feststellung, ob sämtliche Mitglieder des Gemeinderats ordnungsgemäß zur Sitzung eingeladen worden und mindestens zwei Drittel anwesend sind,
- im Falle von Ladungsmängeln die Feststellung, ob diese durch rechtzeitiges Erscheinen behoben worden sind,
- die Mitteilung, ob einzelnen Tagesordnungspunkte von der Tagesordnung (noch vor Beginn der Sitzung) abgesetzt worden sind,
- die Bestimmung der Reihenfolge der Verhandlung der Geschäftsstücke,
- die Bestimmung von zwei Gemeinderäten, die nach Möglichkeit verschiedenen Gemeinderatsparteien angehören sollen, zur Unterfertigung der verhandlungsschrift,
- die Veranlassung der Beantwortung der in der letzten Sitzung des Gemeinderates gestellten Anfragen,
- die Verkündung des Überganges zur Tagesordnung,
- die Feststellung, ob gegen den Inhalt der Verhandlungsschrift der letzten Sitzung Einwendungen erhoben worden sind,
- Aufruf der zu behandelnden Tagesordnungspunkte
- Entgegennahme von Wortmeldungen
- Erteilung des Wortes
- Anordnung der Abstimmung über Anträge
- Festlegung der Reihenfolge von Abstimmungen
- Unterbrechung der Sitzung
Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung
Der Vorsitzende hat für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung zu sorgen. Er ist jederzeit berechtigt die Sitzung für bestimmte Zeit zu unterbrechen, wobei jedoch die Sitzung spätestens am nächsten Tag zu schließen ist.
Als Mittel, die dem Bürgermeister für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung zustehen, sieht die Gemeindeordnung lediglich das Recht vor, die Sitzung für bestimmte Zeit zu unterbrechen. Der Bürgermeister kann insbesondere Zuhörer, die die Beratungen des Gemeinderates stören, nach vorangegangener fruchtloser Ermahnung entfernen lassen.
Unter Störung einer Sitzung des Gemeinderates kann ein Verhalten gewertet werden, das die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört.
Nähere Bestimmungen über die dem Bürgermeister zustehende Sitzungspolizei hat die vom Gemeinderat zu beschließende Geschäftsordnung zu enthalten. Die darin enthaltenen Regelungen haben insofern eine große Bedeutung, als ein Verstoß gegen die Geschäftsordnung des Gemeinderates das gesetzmäßige Zustandekommen des Gemeinderatsbeschlusses in Frage stellen kann.
Der Vorsitzende hat keinesfalls das Recht, einem Mitglied des Gemeinderates das Wort zu entziehen. Auch in der Geschäftsordnung des Gemeinderates darf ihm dieses Recht nicht eingeräumt werden, da dies verfassungsrechtlich unzulässig ist.
Worterteilung - Ruf zur Sache
Die im Rahmen der Verhandlungsführung getroffenen Maßnahmen des Vorsitzenden, die ein Mitglied des Gemeinderates betreffen (wie Worterteilung, Ruf zur Sache) sind keine Bescheide; es handelt sich hiebei um Vorgänge interner Natur, die dem Bereich der Willensbildung angehören; durch sie werden keine subjektiven Rechte gestaltet oder festgestellt. Allerdings sind die Grenzen des internen Bereiches der Willensbildung des Gemeinderates aber bereits dort überschritten, wo die Möglichkeit, ein Gemeinderatsmandat auszuüben, nicht mehr gegeben ist (wie z.B. bei Entziehung des Wortes oder bei der ohne begründeten Anlaßfall erfolgenden Aufforderung, den Sitzungssaal zu verlassen). S. >>>
Hingegen ist eine mit Zwangsfolgen angedrohte Verfügung des Vorsitzenden, den Sitzungssaal zu verlassen, als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren, die beim Unabhängigen Verwaltungssenat angefochten werden kann. Eine Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen nach erfolgter Ausübung der Befehls- und Zwangsgewalt einzubringen.
Unterbrechung der Sitzung
Unter dem Begriff "Unterbrechung der Sitzung" versteht man die vorübergehende Beendigung einer Sitzung durch den Vorsitzenden vor Erschöpfung der Tagesordnung, mit der Verpflichtung, die Sitzung nach Wegfall des Grundes für die Unterbrechung wieder fortzusetzen.
Die Unterbrechung der Sitzung (z.B. zur Einholung von Auskünften oder Beischaffung notwendiger Unterlagen zur Ermöglichung fraktionsinterner Absprachen, bei Störung von Sitzungen oder auch für Erholungspausen) bedeutet, dass zur Wiederaufnahme einer unterbrochenen Sitzung keine neuerliche Einladung notwendig ist.
Es ist daher anläßlich der Unterbrechung der Sitzung vom Vorsitzenden bekanntzugeben, für welche "bestimmte Zeit" die Sitzung unterbrochen und wann die Sitzung fortgesetzt wird.
Die Festsetzung der Dauer der Unterbrechung ist dem Vorsitzenden anheimgestellt. Die Sitzung kann auch mehrere Male unterbrochen werden, doch muss die Sitzung spätestens am nächsten Tag fortgesetzt und geschlossen werden.
Somit darf sich eine Sitzung auf nicht mehr als zwei Tage erstrecken. Sollte auch am folgenden Tag die Tagesordnung nicht abgeschlossen werden können (und zwar auch nicht hinsichtlich des Punktes "Allfälliges"), dann wäre wohl ungeachtet dieses Umstandes die am Vortag begonnene Sitzung zu schließen (wobei dies als Vertagung der Sitzung anzusehen ist); diesfalls ist eine neuerliche Sitzung einzuberufen und die restliche Tagesordnung zu erledigen.
Die Unterbrechung der Sitzung ist "jederzeit", also auch während der Rede eines Gemeinderatsmitgliedes zulässig; es liegt demnach kein "Wortentzug" vor.
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